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Lukas Tschopp: «Ich ermutige die Kinder, ihrer Fantasie freien Lauf und im Kopf Bilder entstehen zu lassen»

Fabulieren und Erfinden spielen in meiner heilpädagogischen Arbeit eine grosse Rolle. Ich ermutige die Kinder, ihrer Fantasie freien Lauf und im Kopf Bilder entstehen zu lassen, die wir danach in Worten und Zeichnungen zu Papier bringen oder mündlich ausschmücken. Manchmal zeichnen wir etwas zu einer Geschichte, die wir schon haben, manchmal denken wir uns selbst eine aus.

Damit trage ich in die Lektionen, was mich auch abseits des Schulzimmers an- und umtreibt. In meiner Freizeit schreibe ich Geschichten und Raptexte, mache Musik, zeichne Comics, habe zudem einige freischaffende Schreibaufträge wie in dieser Ausgabe. So inspirieren und befruchten sich meine verschiedenen Tätigkeitsgebiete und Interessen gegenseitig. Auch Lesen ist eine wunderbare Möglichkeit, inneren Bildern auf die Sprünge zu helfen und ihr Festhalten und Ausgestalten zu trainieren, in der Schule wie zu Hause. 

Gerne geschrieben habe ich schon am Gymnasium. Deutsch zählte zu meinen Lieblingsfächern, Aufsätze waren nie mit einem Müssen verbunden. Ein entsprechendes Studium lag darum nahe, auch die passende Universität war rasch gefunden. Aufgewachsen bin ich im Kanton Obwalden, ursprünglich kommen meine Eltern aber aus dem Sensebezirk. Mein Studium wollte ich darum in Freiburg absolvieren. Fehlte nur noch ein Nebenfach zu den Medienwissenschaften. Aus dem Bauch heraus entschied ich mich für Erziehungswissenschaften. Erste diesbezügliche Erfahrungen hatte ich in meiner Jugend als Unihockeycoach gesammelt, ich wusste also, dass mir neben der Arbeit mit Worten auch jene mit Kindern liegt. 

Am Ende stellte sich heraus, dass mich Erziehungs- und Bildungsfragen mehr interessieren als jene der Kommunikation, weshalb ich fürs Masterstudium nach Basel wechselte und mich dort für Geisteswissenschaften mit Schwerpunkt Pädagogik einschrieb. Das Schreiben verfolgte ich schon zu diesem Zeitpunkt freischaffend nebenher, für verschiedene Zeitungen und eigene Projekte. Gleichzeitig vertiefte ich an Tagesschulen mein Arbeiten mit Kindern. 

So fehlte mir zu einer Anstellung an einer Schule irgendwann nur noch das Lehrerdiplom. Die Frage, wie ich zu einem solchen komme, führte mich erneut an die Uni Freiburg, diesmal in den Masterstudiengang «Schulische Heilpädagogik». Dank eines kleinen Pensums an meinem heutigen Arbeitsort, der Primarschule Bümpliz/Höhe, konnte ich die Theorie unmittelbar in die Praxis umsetzen, diesen Sommer durfte ich dann mein Diplom entgegennehmen. 

Inzwischen habe ich mein Pensum auf 70 Prozent aufgestockt. An diesen drei Tagen gilt mein Fokus ganz den Kindern, die Mühe haben, mit dem Rest der Klasse Schritt zu halten. Einige benötigen schulische Unterstützung, andere Begleitung im sozialen Umgang. In beiden Fällen arbeite ich in engem Austausch mit den Lehrpersonen und immer mit dem Ziel, die jeweiligen Anforderungen und Erwartungen individuell herunterzubrechen und dem Kind auf eine Art und Weise zugänglich zu machen, die ihm entspricht.

In die gleiche Richtung geht eine Buchidee, die ich schon länger mit mir herumtrage: ein Lehrmittel, das philosophische Gedanken so aufbereitet, dass sie für alle greifbar und dadurch auch im heilpädagogischen Kontext nutzbar sind, angereichert mit meinen Illustrationen. Das Buch soll Lust machen, selbst zu philosophieren, und zeigen, dass ebendies unabhängig von Alter und allfälligen Lernschwierigkeiten möglich ist. Warum Glück, warum Geld, warum Schule? – Diese und weitere Sinnfragen möchte ich in den Raum werfen. Kürzlich habe ich mit meiner Lerngruppe einen Versuch gestartet und Sokrates ins Spiel gebracht. An Interesse mangelt es nicht, so viel ist sicher.

Lukas Tschopp (36)

ist in der Primarschule Bümpliz/Höhe als Heilpädagoge tätig und schreibt freischaffend für Publikationen wie das vorliegende Schulblatt. Er lebt mit seiner Familie im Berner Tiefenauquartier. Seit Mai 2025 ist er Vater einer Tochter

Karin Hänzi

 

EDUCATION 4.25

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