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L'être humain et la machine

Tobias Zürcher enseigne la philosophie au gymnase de Thoune. Il est également responsable de l’utilisation de l’intelligence artificielle (IA) dans l’établissement. « Les chatbots comme ChatGPT montrent clairement que des systèmes non humains sont tout à fait capables de développer une intelligence, et même de dépasser l’être humain dans ce domaine », dit Tobias Zürcher.

Il encourage les écoles à transmettre à leurs élèves les connaissances de base en matière d’IA, dans l’idéal en les intégrant à l’enseignement. En effet, l’IA peut aider les élèves à s’exercer à résoudre des problèmes, par exemple sous la forme de tutoriels qui ne sont plus animés par des êtres humains mais par des chatbots. « Les principes socratiques enseignés sur ordinateur, pourquoi pas ? » Au lieu de faire l’autruche, les écoles doivent adopter de façon proactive ce phénomène, d’après Tobias Zürcher. On peut toutefois se demander si les ordinateurs et les chatbots peuvent assumer la même fonction dans l’exercice du sens civique.

Von Menschen und Maschinen

Die Künstliche Intelligenz schafft neue Möglichkeiten, auch in der Schule. So könnten Lernende künftig von Chatbots statt von Lehrpersonen aus Fleisch und Blut unterrichtet werden, meint KI-Experte Tobias Zürcher.

Tobias Zürcher ist promovierter Rechtsphilosoph und Medizinethiker. Als solcher unterrichtet er am Gymnasium Thun das Fach Philosophie. Und zeichnet als Mitglied der Schulleitung für den Umgang der Mittelschule mit KI – also mit künstlicher, maschineller Intelligenz – verantwortlich. Zürcher glaubt, dass die Unterschiede zwischen Mensch und Maschine, wie sie Alan Turing im nach ihm benannten Turing-Test1 ergründete, mehr und mehr verwischen.

Gespräche über Gott und Kant

KI-Experte Tobias Zürcher unterrichtet am Gymnasium Thun das Fach Philosophie.

«Chatbots wie ChatGPT machen deutlich, dass nicht menschliche Systeme durchaus in der Lage sind, Intelligenz zu entwickeln. Und den Menschen diesbezüglich gar zu überholen. Da kommt etwas enorm Grosses auf uns zu», resümiert Tobias Zürcher die gegenwärtige Mensch-Maschinen-Situation. Ein Chatbot, das ist ein textbasiertes Dialogsystem, das es Menschen ermöglicht, mit einer Maschine ein Gespräch zu führen. Auf die kantische Frage «Was soll ich tun?» antwortet ChatGPT zum Beispiel mit: «Klar, ich kann dir helfen! Was genau beschäftigt dich? Wenn du mir mehr Details gibst, kann ich dir besser weiterhelfen.» Nun ist es an mir, mehr Details preiszugeben – und schon ist das Mensch-Maschine-Gespräche aufgegleist. Statt mit dem Bartender an der Theke lässt sich mit dem passenden Computer ganz einfach von zu Hause aus über Gott und die Welt plaudern. Mitmenschen scheinen dazu auf einmal nicht mehr nötig.

Potenzial und Umsetzung

«Chatbot-Systeme lernen enorm schnell. Je mehr man sie mit Informationen füttert, desto vielfältiger werden die Antwortmuster. Was das Lernen im Modus der Sprache angeht, lernt die Maschine sogar schneller als der Mensch.» Für Tobias Zürcher ist die Frage darum nicht ob, sondern wie solche maschinellen Systeme auch in der Schule einzusetzen sind. «Statt uns demonstrativ von solch rasanten maschinellen Entwicklungen abzuwenden, müssen wir als Gesellschaft einen cleveren Umgang damit finden. Die Maschinen werden sich ohnehin ständig weiterentwickeln. Insofern ist die Frage, ob wir Menschen an diesen Entwicklungen partizipieren wollen oder nicht, obsolet.» Und zur Gesellschaft gehört eben auch das Subsystem «Schule», das Professionsfeld von Tobias Zürcher.

Übermenschliche Intelligenz?

Dem KI-Experten ist es wichtig, auf den Unterschied zwischen klassischem, regelbasiertem Programmieren und dem maschinellen Lernen auf Basis von künstlichen, neuronalen Netzen hinzuweisen. Ersteres basiert auf von Menschen programmierten Wenn-dann-Funktionen, so wie wir sie etwa vom Schachcomputer her kennen. «Solche Systeme können niemals intelligenter werden als der Mensch, der sie programmiert.» Ganz anders verhält es sich bei künstlich-neuronalen Netzwerken, beispielsweise einem Chatbot. «Ein solches neuronales Netz lernt auf ähnliche Art und Weise wie das menschliche Gehirn. Sein Lernen basiert auf Feedbacks, die es von uns und aus seiner Umgebung erhält.» Das ganze Internet lesen, das schafft kein Mensch. Die Maschine aber schon.

Ein zweites Missverständnis beruht nach Zürcher darin, den Begriff «Intelligenz» mit dem raschen, fehlerfreien Ausführen von Rechenoperationen zu verwechseln. «Intelligenz bezeichnet vielmehr die kognitive Fähigkeit, Probleme zu lösen. Das können Maschinen in vielen Bereichen ebenso gut wie Menschen, wenn nicht sogar besser.»

Aus all diesen Gründen ist es nach Zürcher unabdingbar, in der Schule das entsprechende Grundlagenwissen zu vermitteln. «Wir müssen bereits von Kindesbeinen an verstehen lernen, wie technische, künstliche Intelligenz funktioniert. Eine derartige Methodenkompetenz ist unbedingt ins Curriculum zu übernehmen, idealerweise gleich fächerübergreifend. Nur so können wir mit diesen unglaublich rasanten technischen Entwicklungen Schritt halten.» Der Philosophielehrer scheut sich auch nicht davor, darauf hinzuweisen, dass Künstliche Intelligenzen dereinst «übermenschlich intelligent» werden.

Implementierung in der Schule

Doch wie genau kann der Einbezug von KI in der Schule konkret aussehen? Tobias Zürcher verweist auf das sogenannte Oxford-System. Benannt nach der renommierten englischen Eliteuniversität, wo die Studienpläne mit unzähligen Tutoraten angereichert sind. In einem solchen Tutorat werden die Studierenden wöchentlich, ja beinahe täglich von erfahreneren Tutorinnen und Tutoren betreut; gemeinsam wird über Lerninhalte diskutiert, es werden Fragen geklärt und Probleme gelöst. «Regelmässige Feedbacks befördern den Lernprozess. Während die Studierenden in Oxford vorwiegend noch von menschlichen Tutorinnen und Tutoren betreut werden, können an Schulen und Universitäten diese Funktionen künftig auch von Chatbots übernommen werden. Ein sokratisches Lehrgespräch mit einem Computer – warum auch nicht?»

Ein solches KI-unterstütztes Lernen kommt nach Tobias Zürcher insbesondere dem Ideal des adaptiven Lernens entgegen: eine Lernmethode, die sich den individuellen Bedürfnissen, Fähigkeiten und Lernstilen der einzelnen Schülerinnen und Schülern anpasst. Unter Einsatz von Technologie und Daten analyse werden Lernprozesse darum mehr und mehr personalisiert, um jeder einzelnen Schülerin und jedem einzelnen Schüler die bestmögliche Unterstützung zu bieten.

Neue Herausforderungen

Am Gymnasium Thun möchte Tobias Zürcher sogenannte Weiterbildungstage einführen. «Lehrpersonen und Schülerschaft sollen gleichermassen mit künstlicher Intelligenz konfrontiert werden. Mit theoretischem Wissen über, aber auch mit praktischer Anwendung von KI.» Denn nicht nur das Lernen, sondern auch das Unterrichten ist im Zeitalter von KI vor neue Herausforderungen gestellt. «Chatbots verändern die Art und Weise, wie Lernende an eine Maturaarbeit herangehen. Die Interaktion mit Maschinen macht es möglich, in Sekundenschnelle Wissenswertes zu einem beliebigen Sachverhalt zu erhalten, in wohlformulierten Sätzen.» Weil Lernen aber nicht einfach im Aneinanderreihen von Informationen aus dritter Hand besteht, sondern in der persönlichen Aneignung dieses Wissens, muss auch die Beurteilung von schriftlichen Arbeiten neu gedacht werden. Zum Beispiel anhand einer mündlichen Verteidigung, wie sie an Hochschulen und Universitäten zur Anwendung kommt.

Jenseits der künstlichen Intelligenz

Tobias Zürchers Ausführungen zeigen: Die Künstliche Intelligenz ist längst dabei, das menschliche Zusammenleben – und damit auch die Schule – zu verändern. «Statt einfach die Augen zu verschliessen, haben sich die Schulen diesem Phänomen möglichst proaktiv anzunehmen», so Zürcher. Trotzdem: An der Schule geht es um weit mehr als um das individuelle Eintrainieren von Problemlösungsfähigkeiten oder um die Verinnerlichung von Wissen. Die Schule ist der Ort, wo Kinder unterschiedlichster Couleur erstmals aufeinandertreffen. Und wo Gemeinsinn eingeübt wird; als das Bewusstsein und das Engagement für das Wohl der Gemeinschaft. Ob Computer und Chatbots auch hierbei dieselbe Wärme ausstrahlen wie Mitschülerinnen und Mitschüler, sei dahingestellt.

  1. Der Turing-Test ist ein Verfahren, bei dem geprüft wird, ob eine Maschine menschliches Denkvermögen durch ihre Antworten so gut imitieren kann, dass ein Mensch sie nicht von einem anderen Menschen unterscheiden kann.

Lukas Tschopp

Photo : màd

 

EDUCATION 3.24

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