Aus dem AKVB: Zur Pensionierung von Erwin Sommer
Erwin Sommer kennt den Berner Schulbetrieb wie kaum ein anderer, war er doch während seiner 45 Berufsjahre Lehrer, Schulleiter, Fachdidakt und Amtsleiter. Ende Juli geht Erwin Sommer in Pension. Eine Retrospektive in eigenen Worten.

Erwin, du hast das Schulwesen im Kanton Bern für zwei Generationen mitgeprägt und mitgestaltet. Zunächst als Lehrperson, dann in der Verwaltung. Wie empfindest du deine Zeit bei der BKD rückblickend?
Erwin Sommer Eigentlich war es nie meine Absicht, in die Verwaltung zu wechseln, sie war mir immer etwas suspekt, zudem galt sie unter uns Schulleiterinnen und Schulleitern als zäh. Mit dem Wechsel zu Erziehungsdirektor Bernhard Pulver und später zu Christine Häsler wurde die BKD erfreulicherweise zur Dienstleisterin. Ich konnte Verantwortung übernehmen, in meinen Aufgaben mitgestalten helfen, und die beiden Regierungsräte haben mir stets den Rücken gestärkt. Dass die Verwaltung hinderlich sei, war ein Trugschluss, denn ich habe miterlebt, wie gute Leute hier tagtäglich ihr Bestes geben. Es hat sich stets bewährt, alle Beteiligten ins Boot zu holen. So vergingen meine 16 Jahre in der Verwaltung wider Erwarten recht zügig, was wohl auch mit der Dichte der Ereignisse zusammenhängt, die die Zeit scheinbar beschleunigte.
An welche Aufgabe erinnerst du dich zu Beginn der Verwaltungskarriere besonders?
2008 kam ich in die Verwaltung und habe bis 2013 die Schulinspektorate geleitet, die vorher direkt dem Amtsvorsteher unterstellt waren. Meine Aufgabe war es, die Inspektorinnen und Inspektoren zu eichen und ihnen jene notwendigen Freiheiten zu geben, die sie dazu befähigten, vor Ort die bestmöglichen Lösungen zu finden, um die Schulen adäquat zu unterstützen. Als das kantonale Controlling eingeführt wurde, habe ich mich dafür eingesetzt, dass die Schulinspektorinnen und -inspektoren weiterhin die Schulen besuchen können, denn ich bin der Meinung, dass ohne Stallgeruch kein vernünftiges Controlling stattfinden kann. Die Schulinspektorinnen und -inspektoren müssen das Klima auf dem Schulhausplatz und im Lehrerzimmer direkt erfahren, um Einblick in den Umgang der Lehrpersonen unter sich und mit den Schülerinnen und Schülern zu erhalten. Davon bin ich nach wie vor überzeugt.
Was waren die grossen Wegmarken in deiner Zeit bei der BKD?
Wir konnten im letzten Jahrzehnt einige Meilensteine realisieren: An erster Stelle steht sicher die Einführung des Lehrplans 21 mit Kompetenzorientierung, Beurteilungsvereinfachung und vergrössertem Gestaltungsfreiraum. Das war ein richtiges Stabsprojekt; ein weiterer Höhepunkt war die Einführung von Frühfranzösisch und Frühenglisch, die aus meiner Sicht geglückt ist, wenn auch nicht schmerzfrei. Ein grosser Schritt war zuletzt die Organisation des besonderen Volksschulangebots unter dem Dach der BKD per 1. Januar 2022. Heute stehen wir im dritten Jahr und haben die Prozesse optimiert. Das ist schon eine riesige Verantwortung und eine gewaltige Leistung, die wir alle zusammen erbracht haben. Es war ein grosses Vorrecht, hier zu arbeiten.
Was stimmt dich zuversichtlich?
Mit der Coronapandemie und dem anhaltenden Lehrpersonenmangel hatten und haben wir in den vergangenen Jahren gleich zwei grosse Herausforderungen. Es freut mich, zu erleben, wie die BKD und die Sozialpartner wie Bildung Bern mit dem Verband Schulleitungen Kanton Bern und dem Verband Bernischer Gemeinden zusammenarbeiten. Nur so können wir den Lehrpersonenmangel in den kommenden Jahren eindämmen. Dass die PHs laufend rekordhohe Anmeldungen verzeichnen, zeigt, dass der Beruf als Lehrerin oder Lehrer bei den jungen Menschen im Kanton Bern sehr beliebt ist.
Welche Aufgaben stehen für deinen Nachfolger an?
In erster Linie gilt es, die Regelschulen weiter tragfähig zu halten, die mit dem Lehrkräftemangel seit einiger Zeit unter Druck stehen. Weiter ist mir ein grosses Anliegen, dass wir den jungen Menschen Hoffnung geben und der Generation Z die Orientierungslosigkeit nehmen können, die sie umtreibt, gerade weil ihr die ganze Welt offensteht. Die Schule sollte weiterhin ein Hort sein, wo wir den Kindern und Jugendlichen Halt und Zuversicht vermitteln können. Bildung ist primär Beziehungsarbeit.

Am 1. August gehst du in Pension. Was sind deine Pläne für die nahe Zukunft?
Mein Credo ist, in Bewegung zu bleiben. Reisen ist deshalb ein grosses Thema. Der Camper ist bestellt, dafür muss ich aber noch die Prüfung C1 machen. Zudem haben wir Grosskinder; da wird es uns nicht langweilig. Und jeden Tag als Geschenk nehmen. Einmal habe ich gesagt: Wenn ich pensioniert bin, kaufe ich vielleicht ein Schulhaus (schmunzelt), um mit einem Team Jugendlichen Unterstützung zu bieten, die es nicht einfach haben und keinen Schulplatz finden. Aber das ist ja nicht mehr nötig, da Simon Graf mit seiner Abteilung in den letzten Jahren immer für alle Kinder und Jugendlichen einen Schulplatz gefunden hat.
ERWIN SOMMER (65)
war elf Jahre lang Vorsteher des Amts für Kindergarten, Volksschule und Beratung (AKVB). Vorher arbeitete er fünf Jahre als Leiter der Schulaufsicht. Er war während seiner Lehrtätigkeit Lehrer, Schulleiter und Lehrer, Fachdidaktiker Physik, Chemie und Biologie am Seminar Langenthal und politisch sechs Jahre lang als Grossrat (EVP) tätig. Der 31. Juli 2024 ist sein letzter Arbeitstag, dann geht Erwin Sommer nach 45 Jahren in Pension.
Yves Brechbühler
Fotos: Sam Bosshard
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