Ein Abend voller inspirierender und herzerwärmender Geschichten und gleichzeitig perfekter LGK-Anschauungsunterricht – das war das Laufbahn-Canapé auf der La-Capella-Bühne. Stattgefunden hat es im Rahmen der ersten Laufbahnwoche.

Mit 17 die Goalie-Nummer 2 in der ersten Mannschaft des BSC YB
Ob er seine Kinder den gleichen Weg einschlagen lassen würde, wisse er nicht, gesteht Marco Wölfli lachend. Seine Eltern haben es getan, und auch sein Lehrmeister hat ihn immer unterstützt, zuerst mit grosszügigen Trainingszeiten; später, indem er Wölfli mitten in dessen Hochbauzeichner-Lehre hat ziehen lassen.
Damit haben sie einer Fussballkarriere den Weg geebnet, die ihresgleichen sucht: 21 Jahre beim gleichen Klub, in guten wie in schlechten Zeiten und trotz regelmässigen Transferanfragen, elf Länderspiele – und zum Karriereende drei Meistertitel. Beim ersten, lang ersehnten wurde er im entscheidenden Spiel zur prägenden Figur, der dritte dann markierte sein Karriereende.
Ein Abgang, zu dem er sich mit 38 Jahren aus freien Stücken und gut vorbereitet entschieden hat. Einerseits sei er ein Sicherheitsmensch, andererseits habe er eine Familie und damit Verantwortung, sagt Wölfli.
Mit seinem heutigen Geschäftspartner hat er sich darum schon zu YB-Zeiten zusammengetan und mit dem Immobiliengeschäft den Hochbauzeichner- und Architektur-Faden wieder aufgenommen. Heute kümmert er sich mit viel Verve und Vergnügen um Verkauf und Vermarktung von rund 2500 Immobilienobjekten und knüpft damit sowohl netzwerk- als auch vermarktungstechnisch nahtlos an seine Zeit bei YB an.
Studium statt Kleingewerbe
Barbara Gisis Berufsweg hingegen begann mit einem Kraftakt: Als Tochter überzeugter Gewerbeleute hätte sie eigentlich das Eisenwarengeschäft ihrer Eltern übernehmen sollen. Sie aber wollte aufs Gymnasium und dann studieren.
Der Widerstand der Eltern habe sie eher angestachelt als abgehalten, sagt sie, aber auch auf sich alleine gestellt. Ihr Jusstudium absolvierte sie darum als Werkstudentin und verdiente sich die Studiengebühren in verschiedensten Nebenjobs zusammen: Von Detailhandel über Marketingumfragen an Tankstellen bis zu Stellvertretungen am Progymnasium war alles dabei. Zuweilen harte, aber sehr lehrreiche Jahre, so Barbara Gisi, und im Rückblick die perfekte Vorbereitung auf ihre Zeit nach der Uni.
Auch hier nahm sie stets verschiedene Perspektiven ein und war in unterschiedlichsten Branchen tätig, etwa im Gesundheitswesen und im Tourismussektor, bevor sie schliesslich zur Leiterin des Mittelschul- und Berufsbildungsamts des Kantons Bern wurde. Hauptsache offene Scheuklappen, lautet ihr Credo bis heute.
Umorientiert hat sie sich immer dann, wenn die Arbeit repetitiv wurde und die Gedanken währenddessen zur Fasnacht oder auf Weltreise schweiften. Letzteres sei immer ein Traum von ihr gewesen, sagt sie zum Abschluss. Nun sei sie aber zu alt dafür. Ob dem tat sächlich so ist?
Aus dem Management in die Entwicklungshilfe
Umso weiter gereist ist Tony Zuber, zuerst als junger Schnösel – eine Bezeichnung, die er sich selbst zuschreibt –, heute als Entwicklungshelfer.
Aber der Reihe nach: Nach dem Gymnasium, das er primär seiner Freunde wegen besuchte, und der Uni war er acht Jahre lang bei der Axpo tätig und entschied als knapp 30-Jähriger unter anderem über die Karrieren von Familienvätern.
Eine Hierarchie, die ihm alsbald zu denken gab. Ungleichgewicht habe ihn schon immer bewegt, so der Engadiner. So kam nach dem Kennenlernen einer schwedischen Entwicklungshelferin eines zum anderen, und plötzlich standen sich zwei Angebote gegenüber: entweder eine noch prestigeträchtigere Funktion in einem noch grösseren Konzern oder ein Hilfsprojekt in Kolumbien. Obwohl die mit grosser Kelle angerührte Vermählung kurz vorher platzte, entschied er sich für Kolumbien. Acht Jahre und eine glücklichere Hochzeit später ging es zurück in die Schweiz, weil seine Frau aus Genf ein Studienangebot erhielt. Er landete derweil via Onlinerecherche bei der DEZA, wo er heute die Einsätze des Schweizer Corps für humanitäre Hilfe koordiniert.
Allerdings nicht mehr lange, denn: Anfang 2024 kehren Zubers nach Kolumbien zurück, zumindest für den Moment. Längerfristig stehe Tony Zuber der Sinn nach Risiko und Einsätzen an härteren Orten, so sein Schlusswort. Fortsetzung folgt, so viel ist sicher.
Podcast dazu.
https://youtu.be/eM_TRnabkH0
Wo Erfolg elastisch ist
Risiken ist auch Mike Glauser einige eingegangen auf seinem Ausbildungsweg. In Legasthenie und ADHS nach eigenen Worten supertalentiert und in der Schule öfter mal abwesend, weil zu Hause in der Käserei jemand ausgefallen war, wusste er sich früh Strategien zurechtzulegen.
Diktate etwa lernte er immer auswendig und war meist schon fertig, bevor die Lehrperson zu Ende diktiert hatte. Zuhören und gleichzeitig aufschreiben, das wäre für ihn ein Ding der Unmöglichkeit gewesen. An der Agrarhochschule dann überliess er die Schreibarbeit anderen und übernahm bei Gruppenarbeiten stattdessen die Präsentationen, Semesterarbeiten wiederum behandelte er stiefmütterlich.
Lieber ging er in dieser Zeit den weltweiten Markenschutz für die weit über die Landesgrenzen hinaus bekannte Belper Knolle an. Prioritäten setzen, das hat Mike Glauser von seinen Eltern gelernt, und so geht er an der Seite von Geschäftspartner Jürg Wyss mit Jumi unbeirrt seinen ganz eigenen Weg. Ihr Geschäft sei elastisch, sagt er: Laufe es gut, gebe es für alle etwas mehr, laufe es weniger gut, stehe man einfach ein bisschen enger zusammen, so, dass es immer noch für alle reiche. Eine Erfolgsdefinition, die er dereinst auch seinen Töchtern mit auf den Weg geben will, ganz egal, für welchen sie sich entscheiden.
Alles zum Nachhören
Wer die Geschichten in voller Länge und Grossartigkeit hören möchte, findet hier den Podcast dazu.
Moderatorin Nicoletta Cimmino mit den Gästen (v.l.):
Mike Glauser, Tony Zuber, Barbara Gisi und Marco Wölfli
Foto: zvg
EDUCATION 4.23