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Wege in die Vergangenheit

Das Bernische Historische Museum bietet über seine vier Sparten Archäologie, Numismatik, Ethnografie und Geschichte verschiedenste Zugänge zur Vergangenheit. Die Dauerausstellung «Steinzeit, Kelten und Römer» beherbergt auch ein Ausgrabungszelt, in dem jüngste Berner Funde und ihre Fundstellen zu entdecken sind. Vanessa Haussener, Kuratorin und Archäologin, nimmt uns mit auf Spurensuche.

Vanessa Haussener, Archäologin und Kuratorin am Bernischen Historischen Museum

Wurde dieses Zelt tatsächlich mal bei einer Grabung benutzt?
Ja, man kann noch die Schmutzspuren daran erkennen! Hier nutzen wir es jetzt für das Ausstellungsprojekt «Archäologie aktuell». In Kooperation mit dem Archäologischen Dienst des Kantons zeigen wir auf diesen Quadratmetern, wie es auf einer Grabung aussehen kann und wo in den letzten Jahren welche Funde gemacht wurden. Es geht um die Fundstücke, aber auch um die Art und Weise des Findens, um die Hintergründe und Herausforderungen. Die Ausstellung wird halbjährlich erneuert und thematisiert nun in der fünften Ausgabe die Spuren einer mittelalterlichen Siedlung in Jegenstorf.

Wie führt uns die Archäologie in die Vergangenheit?
Archäologie ist Spurensammeln. Wir können jede Grabung als Puzzlestück betrachten, mehrere solche Stücke zusammengesetzt ergeben ein Bild davon, wie es vor langer Zeit gewesen sein könnte. Wir arbeiten in der Archäologie gerne mit Stimmungsbildern oder dreidimensionalen Modellen, die mögliche Lebenswelten sehr realistisch darstellen, sodass man darin eintauchen kann. Ein solches Pfahlbaumodell gibt es auch in unserer Dauerausstellung. Als Archäologin interessiert mich brennend, wie Menschen in Bern vor 2000 Jahren gelebt haben, wie sie gegessen oder gearbeitet haben, wie ihr Familienleben ausgesehen hat. Meine Führungen durch die Ausstellung versuche ich so zu gestalten, dass die Besucher/innen sich diese Szenerien bildhaft vorstellen können.

Welche Formate bietet das Bernische Historische Museum im Bereich Archäologie für Schulen?
Verschiedene Vermittlungsangebote führen durch die Dauerausstellung Archäologie. Es gibt klassische Führungen zur Steinzeit, zu den Kelten und den Römern, interaktive Rundgänge zu ganzen Epochen mit Aufträgen als Archäolog/innen für die Schülerinnen und Schüler. Bis im April 2025 läuft die grosse Ausstellung zu Bronze, auch dazu finden Workshops statt, und es gibt Rätselspuren zu entdecken, die an die Archäologie heranführen – diese eignen sich sehr gut für Schulklassen, auch für den Fremdsprachenunterricht: Die Schülerinnen und Schüler suchen die Rätselspuren dann in der jeweiligen Fremdsprache.

Zudem stellen wir auch Angebote auf Anfrage zusammen. Mein Favorit ist übrigens der Rundgang «Forsche! Auf Spurensuche im Museum» für Zyklus 2. Dort geht es um das Aneignen von Methodik, um Interpretation und das spielerische Vermitteln von Erkenntnissen. Der Rundgang dauert 90 Minuten und ist wie alle unsere Workshops für Schulen gratis. Zu unseren Ausstellungen erarbeiten wir übrigens jeweils auch umfangreiche didaktische Unterlagen mit Lehrplanbezügen.

Wo siehst du das Potenzial von Archäologie in der Schule?
Archäologie lernt uns das Hinterfragen. Ein Fundstück sieht vielleicht aus wie ein Messer, stellt sich aber als etwas ganz anderes heraus. Wir müssen uns trauen, zu interpretieren, was wir finden. Ich merke, dass sich die Kinder oftmals nicht trauen, eine Behauptung zu äussern, aus Angst, etwas falsch zu machen. Anstelle der Kategorien richtig oder falsch nutzen wir hier aber gute und weniger gute Argumente und üben uns darin, etwas zu wagen: eine These aufzustellen, die Spur aufzunehmen und sie zu verfolgen.

Bruna Casagrande

Foto: Christine Moor

 

EDUCATION 4.24

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