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Stefan Jakob: «Neben der gegenseitigen Wertschätzung gefällt mir die Vielfalt am besten»

Dass ich heute am Bildungszentrum für Wirtschaft und Dienstleistung (BWD) den Hausdienst leite, ist der Musik geschuldet. Sie machte bereits vor meiner Schulzeit am Gymnasium Neufeld mein halbes Leben aus und erhielt hier, wo Chor und Orchester ein fester Bestandteil des Schulalltags sind, noch mehr Gewicht.

Am Ende verliess ich den Gymer mit der Matura und einer A-capella-Gruppe. Im darauffolgenden Studium fand ich jedoch nicht die erhoffte Erfüllung, weshalb ich eine Kochlehre absolvierte. Ein Beruf, der mir gefiel, dessen Arbeitszeiten sich aber auf Dauer leider schwerlich mit den inzwischen 60 bis 70 jährlichen Konzerten vereinbaren liessen. Zwei Jahre nach dem Lehrabschluss war darum klar: Musik ist meine Leidenschaft, der Rest muss sich darum herum organisieren lassen. So viele Konzerte gaben wir damals pro Jahr, da blieb kein Raum für abendliche Arbeitseinsätze. So landete ich irgendwann in einem Temporärbüro, das mich an eine Reinigungsfirma weitervermittelte. Hier fand ich mit 27, was ich für mein Musikerleben brauchte: einen Tagesjob von Montag bis Freitag, die Abende ebenso frei wie die Wochenenden.

Die Musik und das Singen haben also meinen beruflichen Werdegang massgeblich beeinflusst und beeinflussen ihn bis heute. Als unsere Auftritte irgendwann weniger wurden und ich mich in einem Job wiederfand, den ich so nie gesucht hatte, bildete ich mich weiter. Ich holte die Berufsprüfung zum Gebäudereiniger nach und konnte mich als Gebäudereinigungsfachmann mit eidgenössischem Fachausweis betriebsintern weiterentwickeln. Am Ende hatte ich mich von der tatsächlichen Reinigung über deren Verkauf bis zu Einsatz- und Projektleitung jede Station durchlaufen. An meinen heutigen Arbeitsort wechselte ich mit 50, ein Geburtstag übrigens, der überhaupt nicht wehtut, im Gegenteil. Der Job wurde quasi auf dem Silbertablett an mich herangetragen, von Mehmet Canpolat, der vor seiner Zeit am BWD im gleichen Betrieb gearbeitet hatte wie ich. Als mein Vorgänger ging, wurde er beauftragt, sich nach einem Chef umzuschauen, mit dem er gerne zusammenarbeiten würde. Ich war zu diesem Zeitpunkt schon länger auf der Suche nach einer neuen Stelle, es hat darum perfekt gepasst.

Seit Juli 2024 verantworte ich den Hausdienst am BWD und habe meine Entscheidung keine Sekunde bereut. Gegenseitige Wertschätzung ist hier nicht einfach eine Worthülse, sondern wird tatsächlich gelebt, über alle Funktionen und Stufen hinweg, was mein tägliches Highlight ist. Natürlich machen auch unsere Jugendlichen regelmässig «Chabis», der uns Extraarbeit beschert. Das gehört ein Stück weit dazu, fällt aber in einer solch wertschätzenden Umgebung viel weniger ins Gewicht. Und wer weiss, vielleicht führt unser Hausdienst-Input, den wir seit diesem Schuljahr in allen neuen Klassen abhalten, zu einem neuen Miteinander. Da erzähle ich in rund zehn Minuten, wer wir sind, was wir machen und was wir von den Jugendlichen erwarten. Unser Hauptziel ist, dass die Bildungsumgebung jederzeit reibungslos funktioniert und sämtliche Arbeiten störungsfrei ablaufen können, auf beiden Seiten der Schulzimmertüre. Also müssen sich auch beide Seiten darum kümmern und ihren Beitrag leisten.

Neben der grossen gegenseitigen Wertschätzung gefällt mir an meiner Arbeit die Vielfalt am besten. Kein Tag ist wie der andere, was viel Flexibilität bedingt, aber auch jede Menge Abwechslung mit sich bringt. Dabei gibt es weder eine Lieblings-noch eine Gar-nicht-gerne-Aufgabe. Es ist der Mix, der es ausmacht. Und manchmal singe ich auch hier. Als ich den Saal für die letztjährige Weihnachtsfeier einrichtete, war die Musiklehrerin Sara Fluri gerade beim Soundcheck. Ich fragte, ob ich probehalber mitsingen dürfe – und stand am Abend mit auf der Bühne. So wurde ich zum singenden Hausdienstleiter.

Stefan Jakob (51)

steht seit einem Jahr im Schuldienst und möchte keine Sekunde davon missen.  Zuvor war er 23 Jahre in einer Reinigungsfirma tätig. Mit seiner Frau und seinen  beiden Töchtern lebt er in Jegenstorf, wo er bis heute täglich musiziert.

Karin Hänzi

 

EDUCATION 4.25

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