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Voneinander, miteinander und füreinander

Es sei in den letzten Jahren gelungen, das freundliche Miteinander der Institutionen auszubauen, sagt Martin Schäfer. Dem Rektor der PHBern sind dabei gegenseitige Wertschätzung und Vertrauen zentrale Werte, die es zu pflegen und in Zukunft weiter zu stärken gilt. Ein Gespräch über die Bedeutung der institutionellen Freundschaft und die partnerschaftliche Zusammenarbeit im Bildungssystem Bern.

Herr Schäfer, was bedeutet Freundschaft für Sie?
Freundschaft ist für mich in erster Linie Verlässlichkeit, Respekt und Vertrauen. Sie bedeutet, einander zu unterstützen, Hilfe anzubieten und offen miteinander zu kommunizieren. Besonders wichtig ist mir dabei die gegenseitige Wertschätzung: Alle sollen in einer Freundschaft ihre Stärken einbringen und ihre Schwächen offenlegen können. Denn Respekt bedeutet gerade, die Schwächen des Gegenübers anzuerkennen und als Teil der Beziehung zu akzeptieren.

Was bedeutet institutionelle Freundschaft?
Im Gegensatz zu privaten Freundschaften zeichnen sich Freundschaften auf institutioneller Ebene durch eine höhere Sachlichkeit im Sinne von Professionalität aus. Sie ermöglichen den ehrlichen Austausch und die gegenseitige Unterstützung und somit eine Weiterentwicklung für alle. Zwar haben sie eine weniger emotionale Dimension, aber auch sie werden letztlich von den Menschen geprägt, die den Institutionen ein Gesicht und eine Stimme geben. Die Herausforderung auf institutioneller Ebene besteht denn auch darin, dass das Ansehen der Institution stets gewahrt bleibt, unabhängig von den Personen, die die Einrichtung repräsentieren Ein Beispiel ist die Beziehung der PHBern zu einer Volksschule: Die Vertreterinnen und Vertreter der PHBern sind bereit, sich mit den Gegebenheiten der Schule auseinanderzusetzen und sich gemeinsam mit der Schule, d.h. auf Augenhöhe, auf einen Weg zu machen. Dies bedingt gegenseitigen Respekt und damit verbunden realistische Erwartungen an die Zusammenarbeit, damit sich die beiden Institutionen nicht gegenseitig überfordern. So kann eine freundschaftliche Beziehung entstehen und damit ein tragfähiges Beziehungsnetz, mit dem sich die Herausforderungen angehen lassen.

Warum ist Freundschaft im pädagogisch-institutionellen Rahmen wichtig?
Ein professionelles freundschaftliches Miteinander ist meiner Ansicht nach grundsätzlich essenziell – sowohl innerhalb von Bildungsinstitutionen als auch in der Zusammenarbeit zwischen Schulen, der PHBern und externen Partnern. Warum? Durch gesellschaftliche Herausforderungen wie den Umgang mit zunehmender Diversität, mit der Digitalität oder mit ökologischen Fragen nimmt die Komplexität für Bildungsinstitutionen stetig zu. Lösungen für den Umgang mit den entsprechenden Herausforderungen für Schulen, aber auch für die Lehrpersonenbildung lassen sich nur gemeinschaftlich finden. Ein freundschaftliches Miteinander ist dafür deshalb hilfreich, weil sich entsprechende Partnerschaften durch das bestehende gegenseitige Vertrauen durch eine reduzierte Komplexität auszeichnen. Dies führt dazu, dass der Fokus auf die Lösungsentwicklung gelegt werden kann und die eigene Positionierung massiv an Bedeutung verliert.

Können Sie uns gelungene Beispiele für Freundschaft in diesem Kontext nennen?
Ein Beispiel ist der Umgang mit dem Lehrpersonenmangel: Obwohl das Problem nicht gelöst ist, konnte durch enge Zusammenarbeit zwischen der Bildungsdirektion, den Berufsverbänden und der PHBern die Situation entschärft und konnten umsetzbare Lösungen gefunden werden. So unterrichten etwa 1500 Studierende der PHBern auf allen Stufen – das sind rund zehn Prozent aller Lehrpersonen an den Volksschulen im Kanton Bern. Eine Entschärfung war nur möglich, weil alle Akteure gemeinsam Lösungen erarbeitet haben. Dabei waren zum Teil pragmatische Entscheidungen erforderlich. Freundschaft bedeutet somit auch, flexibel zu sein und im Sinne einer gemeinsamen Sache Kompromisse einzugehen.

Ein weiteres Beispiel ist die Zusammenarbeit in Forschungsprojekten. Forschende und Schulen entwickeln gemeinsam neue Unterrichtsmodelle und Strategien zur Schulentwicklung. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse werden allen Schulen zugänglich gemacht.

Auch die Kooperation mit den 70 Partnerschulen ist ein gelungenes Modell. Hier bringen Schulen ihre praktischen Erfahrungen ein, während die Studierenden der PHBern neue Ideen in die Schulen tragen und dort erproben. Diese gegenseitige Ergänzung ermöglicht eine praxisnahe Ausbildung der Studierenden und eine kontinuierliche Weiterentwicklung des Schulalltags. Der Erfolg dieser Zusammenarbeit basiert auf gegenseitigem Respekt und einem offenen Austausch auf Augenhöhe.

Wie pflegt die PHBern ihre Beziehungen und Partnerschaften?
Seit der Gründung der PHBern haben sich Netzwerke und Forschungskooperationen deutlich verstärkt. Die Vernetzung innerhalb der Bildungslandschaft wurde systematisch ausgebaut, um freundschaftliche Beziehungen zu fördern und nachhaltige Zusammenarbeit zu gewährleisten. Die PHBern setzt denn auch auf vielfältige Formen der Zusammenarbeit: Neben dem institutionalisierten Austausch mit Berufsverbänden, politischen Fraktionen und der Bildungsdirektion gibt es konkrete Projekte von der Taskforce «Lehrpersonenmangel» auf übergeordneter Ebene bis hin zu konkreten Schulentwicklungsprojekten an Schulen. Wichtiger Bestandteil dieser Partnerschaften ist der offene Dialog. Neben konstruktivem Austausch ermöglicht er auch kritische Fragen, um gemeinsame Herausforderungen besser zu bewältigen.

Wie sollte die Freundschaft zwischen pädagogischen Institutionen künftig gestaltet werden?
Die Vernetzung zwischen Bildungsinstitutionen sollte weiter gestärkt werden – nicht nur zwischen Schulen und der PHBern, sondern auch unter den Schulen selbst. Regionale Kooperationen bieten grosses Potenzial, etwa dadurch, dass Schulen sich gegenseitig in laufenden Entwicklungen unterstützen oder gemeinsame Projekte realisieren.

Entscheidend bleibt eine Kultur des Miteinanders: Bildungsinstitutionen können voneinander lernen, gemeinsam neue Lösungswege entwickeln, die den steigenden Anforderungen gerecht werden. Schulen, aber auch die PHBern können die Anforderungen, die an sie gestellt werden, heute nicht mehr allein bewältigen.
Mein Wunsch ist es deshalb, dass alle Schulen, Schulleitungen und Lehrpersonen sich als Teil eines gemeinsamen Systems begreifen und in einem professionellen Sinne freundschaftlich verbunden sind.

Professionelle Partnerschaften können den Austausch zwischen Schulen einerseits und Studierenden, Dozierenden und Forschenden der PHBern andererseits fördern, stets mit Blick auf das gemeinsame Lernen und unter Berücksichtigung lokaler Besonderheiten. Denn nur durch Zusammenarbeit auf Augenhöhe – voneinander, miteinander und füreinander – können tragende und damit nachhaltige Lösungen entstehen.

Martin Schäfer (55)

trat 2009 die Nachfolge von Gründungsrektor Hans Peter Müller an. Er hat in verschiedenen Funktionen in der Schule und in der Lehrpersonenbildung gearbeitet. Nach seiner Lehrerausbildung am Staatlichen Seminar Bern Lerbermatt begann er als Lehrer der Sekundarstufe I an der Schule Spiegel und arbeitete dort 15 Jahre, ab 1997 in der Schulleitung. Parallel zu seiner dortigen Tätigkeit studierte Martin Schäfer an der Universität Bern pädagogische Psychologie, Geografie und allgemeine Pädagogik, schloss 1999 sein Lizenziat in pädagogischer Psychologie ab und promovierte zum Thema Schulleitung und Schulentwicklung. Von 1999 bis 2002 unterrichtete er auch am Staatlichen Seminar Bern Lerbermatt. Im August 2005 wurde er Leiter des Instituts Sekundarstufe I der PHBern und ist seit 2009 Rektor der PHBern.

Christoph Schelhammer

Foto: Pia Neuenschwander

 

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