
Nach der Eröffnung des Grandhotel Giessbach 1875 liess sein Besitzer eine Standseilbahn von der Schiffländte am Brienzersee zum Hotel bauen. Die Bahnanlage von 1879 mit Abt’scher Weiche (einer Ausweichstelle in der Streckenmitte) ist die älteste Bahn dieser Art in Europa. Sie war wegweisend für den später blühenden Bau von Standseilbahnen – die bahnbrechende Technologie war kostengünstiger als Doppelgleise. Von 1879 bis 1912 funktionierte der Bahnantrieb mit Wasserübergewicht, von 1912 bis 1949 hydromechanisch und ab 1949 elektrisch. Hotel und Bahn bilden ein kulturhistorisch wertvolles Ensemble.

1889 bewilligte der Bund den Bau der Zahnradbahn aufs Brienzer Rothorn. Die Eröffnung 1892 war ein Meilenstein, doch bald schon bewirkten politische Lage, Börsen- und Wirtschaftskrise sowie vermehrte Konkurrenz ein Betriebsdefizit. Der Erste Weltkrieg führte zur Stilllegung der Bahn bis 1931. Später drohte sogar ihr Abbruch. Dank grossen Engagements, auch des Vereins «Freunde des Dampfbetriebs», konnte die Bahn erhalten und modernisiert werden.
2019 erhielt sie eine neue Konzession. So stossen die kleinen Dampflokomotiven die roten Aussichtswagen auch weiterhin vom Brienzersee hinauf zum Brienzer Rothorn.

Am 15. Juli 1910 war es so weit: Wer das Berghaus Niesen
Kulm besuchen wollte, konnte das jetzt anstatt zu Fuss oder mit dem Maulesel auch per Standseilbahn tun. Als eine der längsten und steilsten Drahtseilbahnen des Oberlandes und als Zeuge des Tourismusbooms ist sie von technik- und kulturgeschichtlicher Bedeutung. Entlang der Bahnstrecke befindet sich die mit 11674 Stufen längste Treppe der Welt, die jeweils nur für den Niesenlauf geöffnet wird. Das Berghaus von 1856 steht auch heute noch. 2002 wurde es mit dem Neubau des Restaurantpavillons neu eröffnet.
Doris Sommer
Fotos:
Bea Weinmann Fotografie
Rob Lewis Photography
Brienz Rothorn Bahn AG
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